aktuell, 30.09.2004
Russland steht offenbar kurz vor der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls. Vertreter aus den zuständigen russischen Ministerien kommen nach Informationen des WWF heute zusammen, um abschließend grünes Licht für den Klimavertrag zu signalisieren. Danach wird in der Duma über das Thema beraten. 90 Tage nach der Billigung durch das russische Parlament kann das Protokoll dann in Kraft treten. Für den WWF ist das ein Grund zum Feiern. „Die Entscheidung ist überfällig, die internatio-nale Staatengemeinschaft hat lange auf diese Zeichen gewartet. Durch diesen Schritt kommt wieder mehr Fahrt in den Klimaprozess“, erwartet Regine Günther, Leiterin des Energie- und Klimareferats beim WWF Deutschland.
Durch die Ratifizierung Russlands wäre der Weg frei, damit das 1997 beschlossene Protokoll in Kraft treten kann. Der Vertrag wird nur zu einer völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung, wenn 55 Länder ratifizieren, die 1990 für mindestens 55 Prozent der in den Industrieländern ausgestoßenen Kohlendioxid-emissionen verantwortlich waren. Mit Russland, das damals rund 18 Prozent beitrug, wäre diese Quote erfüllt. 122 Staaten haben das Klimaschutz-Abkommen inzwischen ratifiziert. Nimmt man den russischen CO2 Ausstoß hinzu, liegt ihr Anteil am Emissionskuchen jetzt bei rund 62 Prozent. Die notwendige 55 Prozent Hürde würde damit genommen.
Neben dem Außen- und dem Wirtschaftsministerium befasst sich in Russland das Ministerium für Boden-schätze mit dem Kyoto-Protokoll. Parallel zur Ratifizierung werden die Ministerien ihre Gespräche mit potenziellen Investoren intensivieren. Im Mittelpunkt dürften dabei so genannte „Joint Implementation Projekte“ stehen. Dabei geht es z.B. um Investitionen in die veraltete Stromversorgung des Landes. Finan-zieren Deutschland oder andere Industrieländer die Modernisierung russischer Kraftwerke, erhalten sie im Gegenzug Emissionszertifikate (Klimagutschriften). Solche Projekte sind vor allem deshalb interessant, weil sich die Klimaschutzmaßnahmen in Ländern mit maroder Infrastruktur weitaus kostengünstiger reali-sieren lassen.
„Die Ratifizierung liegt im Interesse von Russlands Bürgern und nützt Ökonomie und Ökologie gleichermaßen“, betont Alexey Kokorin vom WWF Russland. Der Klimavertrag sei eine Riesenchance für die russische Wirtschaft. Die heimische Industrie könne in großem Maß profitieren.