'(K)ein sicheres Dach über dem Kopf'

aktuell, 23.02.2023

Erdbeben in der Türkei: Wer ein Haus hatte, bezahlte oft mit dem Leben. Welchen Stellenwert das Auto in den Erdbebenregionen hat.

Vor der Erdbebenkatastrophe im türkisch-syrisch Grenzgebiet vor gut zwei Wochen blieben nur die wenigsten verschont. Die Zerstörungen betreffen Menschen quer durch alle Gesellschaftsschichten. So makaber es auch klingen mag: Die ärmsten den Armen, etwa die Flüchtlinge, die bereits seit Jahren in den riesigen Zeltstädten hausen, hatten in der Nacht auf den 6. Februar bessere Karten mit ihrem Leben davonzukommen als der reiche Unternehmer in seiner Prunkvilla aus Beton.  

In einer "normalen" geordneten Welt wie wir sie uns vorstellen ist ein festes Dach über dem Kopf ein Zeichen des Wohlstands - und der Sicherheit. In der einen Nacht, in der zwei Erdbeben der Stärke 7.5 und 7.8 eine Fläche von 103.000 km² binnen Minuten in Schutt und Asche legten, wendete sich das Blatt aber um 180 Grad. Ein Großteil der Todesopfer starb in den Trümmern ihrer eingestürzten Häuser. Bäuerinnen und Bauern, die in dem Gebiet häufig in sehr einfachen und leicht gebauten Behausungen leben, Menschen auf Wanderschaft und die bereits genannten Flüchtlinge - also diejenigen, die in der Gesellschaft gerne vergessen werden und sozial nicht selten ein schwieriges Ansehen haben, überlebten die Beben weitgehend.

"Das zweite Dach über Kopf"

Die Erdbeben zählen mit bislang 48.000 Todesopfern, davon 42.000 in der Türkei, zu den schlimmsten Naturkatastrophen der letzten Jahrzehnte. Die UN geht davon aus, dass allein in der Türkei 1,5 Millionen Menschen von Obdachlosigkeit betroffen sind. Die durch die örtlichen Behörden zur Verfügung gestellten Notunterkünfte reichen angesichts der extrem hohen Zahl an Betroffenen bei weitem nicht aus - viele Menschen, auch Kinder und Alte, sind gezwungen bei teils winterlichen Temperaturen die Nächte unter freiem Himmel zu verbringen.

Vergleichsweise glücklich kann sich schätzen, wer im Besitz eines Autos ist, in dem die Nächte zwar beengt aber zumindest wettergeschützt verbracht werden können. Die weitreichenden Auswirkungen der Beben auf die Wohnsitutation der Bevölkerung zeigt in diesem Fall, dass das Auto in manchen Katastrophenszenarien einen wichtigen Beitrag liefern kann, nicht vorhandene Unterbringungskapazitäten aufzufangen.

Sicherlich ist dies nicht auf jede Naturkatastrophe übertragbar - während einer Flutlage wäre der Aufenthalt in einem Fahrzeug beispielsweise fatal. Die Bedeutung eines Autos, welches im Extremfall weniger ein Fortbewegungsmittel als vielmehr ein "zweites Dach über dem Kopf" sein kann, wird unserer Meinung nach im Zivil- und Katastrophenschutz viel zu selten bis gar nicht benannt. 

Was heißt das für uns bzw. für die politische Diskussion bezüglich der Zukunft des Autos?

Natürlich wird das Auto in der Stadt Raum abgeben MÜSSEN, dies wird bei der Verfolgung klimapolitischer Ziele gar nicht anders möglich sein. Mit Blick in die Erdbebenregionen (schwere Erdbeben können übrigens auch jederzeit in Deutschland auftreten) vertreten wir aber mittlerweile die Meinung, dass das Auto als Sicherheitsausstattung zum Haushalt dazugehören sollte.

Analysen mit Erdbebenwahrscheinlichkeiten für den Raum Istanbul und andere Teile der Türkei finden Sie in unserer Neuauflage der Veröffentlichung "30 Sekunden".

 

  Redaktion
 Team-Info
 Team-Kontakt




5

Wetter-Meldungen

Anzeige
mehr

Zitat des Tages

    "Die Zukunft der Literatur liegt im Aphorismus. Den kann man nicht verfilmen."

    Gabriel Laub