aktuell, 19.07.2022
Zugfahren bei Extremwerten - so warm wird's wirklich im Intercity Express.
Böse Zungen behaupten, die Deutsche Bahn habe ingesamt vier Feinde: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Doch was ist mit HOCHsommer? Ist die Bahn, im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln, vielleicht erst jenseits der 30 Grad das Verkehrsmittel "erster Klasse"?
Wir haben gestern einen Kollegen mit Thermometern bewaffnet in den ICE von Köln nach Berlin gesetzt. Drei Stunden lange zeichnete er dabei in regelmäßigen Abständen die Temperaturen am Sitzplatz auf.
Die ersten Messungen am Vormittag bewegten sich mit Werten von knapp 26 Grad sicherlich für viele bereits jenseits des persönlichen Wohlfühlklimas. Dabei war der Zug am Startbahnhof Köln noch relativ leer und die Klimaanlage aufgrund der noch vergleichsweise niedrigen Außentemperatur noch nicht voll gefordert.
Mit fortschreitender Stunde schien die DB an den ersten Haltstellen dann bereits in eine Art Hitzestress zu verfallen - die Temperaturen draußen erreichten um die Mittagszeit Werte um 33 Grad, stetig stiegen weitere Fahrgäste zu.
Während sie dies taten, strömte durch die Türen heiße Luft wie aus einem Fön ins Innere der Waggons. Die Klimaanlage arbeitete am Limit. Da Schleusen zum Temperaturausgleich an Waggontüren (noch) Zukunftsmusik sind, zog die Bahn alle Register und verwies die Fahrgäste in Form einer Durchsage darauf, dass die Türen nach Einstieg sofort wieder geschlossen werden müssten. Die Julihitze hat kein Ticket, musste also vor der Tür bleiben - gleichtzeitig sicherte sich die Deutsche Bahn davor ab, dass die Waggonklimatisierung in die Knie zwingt. Jene verlor den Kampf gegen die Gluthitze letzendlich auf der Strecke Köln-Berlin: Bei knapp 28 Grad pendelte sich unser Thermometer zwischenzeitlich ein, gefühlt dürften es (vor allem mit sonnigem Fensterplatz und in Türnähe) noch ein paar Grad mehr gewesen sein.
Die Temperaturschlacht wird bei der Bahn allerdings auch zukünftig nicht nur in sondern auch außerhalb der Waggons geschlagen. Stichwort Schienen: Lufttemperaturen nahe der 40 Grad stellen Schienen auf eine enorme Belastungsprobe - auf bis zu 80 Grad können sie sich in der Sonne aufheizen. Bei einer Stahlschiene von 100 m können sich so Längenänderungen von 15-20 cm ergeben. Im August 2015 gab es z. B aufgrund gefährlich verbogener Schienen im Rhein-Main-Gebiet erhebliche Ausfälle im Bahnverkehr.
Wer in dieser Hitzewoche die Reise mit dem Schwitz-Express nicht auf sich nehmen will, kann übrigens auf Kulanz der Deutschen Bahn hoffen - selbst bei schon gebuchten Tickets: Wer für den heutigen Dienstag oder Mittwoch gültige Fahrscheine besitzt, kann diese bis einschließlich Mittwoch kommender Woche (27.07.) flexibel einsetzen. Zudem lassen sich Sitzplatzreservierungen kostenlos stornieren.
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