Teufelskreislauf Permafrost

Klima, 14.09.2017

Von Bergstürzen, Explosionen und Biowaffen

Vor einigen Tagen ereignete sich im Pragser Tal in den Dolomiten einer der größten Bergstürze in den vergangenen 100 Jahren in den Alpen. Innerhalb kürzester Zeit gelangte ein Video ins Netz, das zeigt wie knapp 700.000 Kubikmeter Fels zu Tal stürzen.

Verletzt wurde bei diesem Naturspektakel zum Glück niemand. Dennoch ist es auffällig, dass Fels- und Bergstürze in den letzten Jahrzehnten im Alpenraum zunehmen.

Der Schuldige für diese Entwicklung ist schnell gefunden. Der Klimawandel lässt weltweit den Permafrost schmelzen, die Folgen daraus sind so gravierend wie vielfältig.

Mit den Gletschern schmilzt ein weiterer wichtiger Stabilisator der Hänge - Bild: Lukas Melzer

Ehemals fungierte das Eis zwischen den Felsen als eine Art Klebstoff, jetzt taut es in den Sommermonaten immer häufiger auf und gefriert anschließend wieder. Zunächst öffnen sich nur kleine Felsspalten, durch die immer mehr Flüßigkeit in den Fels gelangt, die anschließend wiederum gefriert und durch die Volumenausdehnung den Fels von innen sprengt.

Doch in Anbetracht der weiteren Folgen eines Auftauen des Permafrosts sind Bergstürze wohl noch eines der geringeren Übel. Denn weltweit sind in Permafrostböden große Mengen der klimaschädlichen Gase Kohlenstoffdioxid und Methan enthalten. Immer mehr dieser Gase werden im Zuge des Auftauens der Böden in die Atmosphäre freigesetzt. Vor allem das Methan bereitet den Wissenschaftlern große Sorgen. Sein Schadenspotential für das Klima ist rund 21-mal so hoch wie das von CO2. Ob und wie dieser Teufelskreislauf gestoppt werden kann, ist nicht klar.

Permafrostboden an der Küste Alaskas - Bild: Lukas Melzer

Und ein Ende der Negativschlagzeilen im Zusammenhang mit Permafrost ist nicht in Sicht. Stattdessen erreichten uns in den letzten Wochen weitere besorgniserregende Meldungen aus Sibirien. Aufgestaute Gase führten zu lautstarken unterirdischen Explosionen, die riesige Krater von bis zu 70 Metern Tiefe in der Tundra hinterließen. Auch von "blubbernden" Böden berichteten die Forscher.

Zudem ist in diesen Regionen das erste Mal seit 75 Jahren Milzbrand ausgebrochen. Die Erreger hatten die gesamte Zeit im Eis überdauert, bevor sie diesen Sommer bei Temperaturen von bis zu 35 Grad freigesetzt wurden. 2500 Rentiere und 1 Mensch fielen den Anthrax-Bakterien bereits zum Opfer. Inzwischen ist eine Spezialeinheit für Biowaffen der Russischen Armee in die Region im hohen Norden gereist, die nun die Kadaver der versuchten Tiere verbrennen.

Nicht zu Unrecht gelten Permafrost und Methan als zwei der großen Unbekannten in der weltweiten Klima-Gleichung. Ihr Potential und mögliche Rückkopplungen sind nur schwer abzuschätzen. Daher ist es umso wichtiger, die bereits ins Rollen gebrachte Entwicklung möglichst zeitnah zu stoppen oder wenigstens zu verlangsamen.

 

  Lukas Melzer
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