Der schwere Stand der Klimaflüchtlinge

Klima, 06.09.2015

Jedes Jahr müssen 27,5 Millionen Menschen ihre Heimat aufgrund von Umweltveränderungen und Naturkatastrophen verlassen.

Zurück geht der Begriff „Klimaflüchtling“ auf einen Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1985.

Er bezeichnet Personen, die aufgrund von Umweltveränderungen und Naturkatastrophen, die dem Klimawandel zuzuschreiben sind, gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen.

Dabei ist es schwer sie von anderen Flüchtlingen zu unterscheiden.

Ist jemand der seine Heimat verlässt, weil er aufgrund von Dürren seit Jahren Ernteeinbußen hinnehmen muss, nun ein Klima- oder Wirtschaftsflüchtling?

Flüchtlingsunterkunft an der Grenze zu Syrien

Im deutschen, europäischen und internationalen Flüchtlingsrecht finden Klima- oder Umweltflüchtlinge nach wie vor keine Anerkennung. Daher existieren auch kaum verlässliche Zahlen, die das Ausmaß des Problems darstellen können.

Das Internal Displacement Monitoring Centre schätzt die Zahl der Personen, die jedes Jahr ihre Heimat aufgrund von Naturkatastrophen verlassen, auf 27,5 Millionen und beziffert den Anteil von Personen aus Entwicklungsländern auf über 85 Prozent.

So waren allein während des schweren Taifuns Haiyan im November 2013 über 2,5 Millionen Menschen in Südostasien auf der Flucht.

Und das Problem wird sich in Zukunft weiter verschärfen: Die Internationale Organisation für Migration (IOM) prognostiziert, dass es bis 2050 aufgrund des Klimawandels etwa 200 Millionen Vertriebene geben wird, die nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren.

Für ein paar Cents - Syrische Kinder sammeln Flaschen

 

Welche Regionen sind genau betroffen?

Besonders die afrikanische Sahel-Zone, Bangladesch und viele Inseln im Südpazifik leiden schon heute enorm unter den Folgen des Klimawandels.

Inseln versinken in den Fluten eines steigenden Meeresspiegels, während Dürren in der Sahel-Zone die Brunnen versiegen lassen und die Äcker verdorren.

Und genau hier fällt die „doppelte Ungerechtigkeit“ dieses Themas ins Auge: Während die großen Industrienationen als Hauptverursacher der globalen Treibhausgasemissionen bisher größtenteils von Umweltveränderungen verschont geblieben sind, sind es die Länder des globalen Südens, die von der bisherigen Erwärmung am heftigsten betroffen sind.

Zusätzlich verweigern alle Staaten, bis auf Neuseeland, ein Asylrecht aus klimatischen Gründen und schotten sich dadurch mit geltendem Recht gegen diesen Teil der Flüchtlingsproblematik ab.

Vom Bürgerkrieg gezeichnet - das völlig zerstörte Kobane an der syrisch-türkischen Grenze

 

Wie kommt es zu dieser Ungleichverteilung der Konsequenzen und was könnte zu einer Verbesserung der aktuellen Lage beitragen?

Hauptproblem in allen Ländern des globalen Südens ist die Armut, die die Menschen besonders verwundbar gegenüber Dürren, Stürmen oder Überschwemmungen macht.

Kofi Annan brachte das Problem 2006 auf dem Klimagipfel in Nairobi auf den Punkt. Er beschrieb die globale Erwärmung nicht ausschließlich als Umweltproblem, sondern zusätzlich als Entwicklungsproblem, das sich nur durch eine Zusammenarbeit von Klimaschutz und Armutsbekämpfung bewältigen lasse.

Eine sozioökonomische Entwicklung in den betroffenen Regionen hätte demnach nicht nur eine Verringerung der Armut sondern auch eine Erhöhung der Resilienz der lokalen Bevölkerung gegen Umweltveränderungen und Naturkatastrophen zur Folge.

Zusätzlich sind neue rechtliche Instrumente vonnöten, um den heimatlos gewordenen Menschen helfen zu können. Dabei wäre die Veränderung des aktuellen Asylrechts ein wichtiger Schritt, um Verantwortung zu übernehmen und letztlich eine Frage der Gerechtigkeit.

Schlussendlich ist es aber auch nur ein Bekämpfen von Symptomen. Nur ein verpflichtendes Klimaschutzabkommen mit ambitionierten Zielen kann zu einer drastischen Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen führen und somit eine langfristige Perspektive bieten.

Die Chance dazu bietet sich Ende des Jahres auf der UN-Klimakonferenz in Paris.

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